Ein riesiges Manko in der Betriebswirtschaftslehre ist ein fehlender Standard in der Geschäftskommunikation. Wenn es darum geht, Finanz- und Geschäftsdaten sinnvoll, verständlich und einheitlich zu vermitteln, fehlt jegliche Art von klaren Regeln.

Diesen Umstand hat sich die IBCS Association zu Herzen genommen und kämpft seit vielen Jahren für das Etablieren eines Standards, wie es diese in anderen Fachdisziplinen schon lange gibt.

Die IBCS Association ist ein gemeinnütziger Verein, welcher den IBCS®-Standard ständig weiterentwickelt.

Ziel ist die weltweite Verbreitung und Etablierung dieses für die Visualisierung und Kommunikation von Geschäftszahlen geschaffenen Standards.

Warum braucht es diesen Standard in der Betriebswirtschaftslehre?

Ich war viele Jahre im Bereich Finanz- und Vertriebscontrolling tätig und weiß nur allzu gut, was es heißt, Berichte zu erhalten, welche keinem Standard folgen. Zwei Personen im gleichen Unternehmen, liefern komplett unterschiedlich gestaltete Berichte. Beim einen ist der Balken für Umsatz blau, beim anderen gelb.

Ich denke, Du kannst Dir vorstellen, dass das nicht unbedingt für das Verständnis und für eine effektive Kommunikation förderlich ist.

Dr. Rolf Hichert und Dr. Jürgen Faisst beschreiben diese Situation sehr schön im Buch „Gefüllt, Gerahmt, Schraffiert – Wie visuelle Einheitlichkeit die Kommunikation mit Berichten, Präsentationen und Dashboards verbessert, Verlag Franz Vahlen GmbH, 2019.

Darin vergleichen sie die Betriebswirtschaftslehre mit anderen wissenschaftlichen Disziplinen, wie beispielsweise der Architektur oder der Elektrotechnik.

Stell Dir vor, es gäbe keine genormten Zeichen in elektronischen Schaltplänen.

Die Kommunikation zwischen Konstrukteuren und Anlagenbauer wäre wohl kaum möglich, müsste jeder jedem immer erklären, was die Symbole zu bedeuten haben.

Durch den IEEE-Standard sprechen aber alle die gleiche Sprache und das macht die Kommunikation nicht nur einfacher, sondern viel schneller unter Beibehaltung einer hohen Qualität.

Mit dem IBCS®-Standard – welcher auf der SUCCESS-Formel von Dr. Rolf Hichert basiert – wird versucht, diesem Manko in der Geschäftskommunikation entgegenzuwirken.

SUCCESS ist ein Akronym und jeder Buchstabe steht für eine bestimmte Regel.

Es handelt sich dabei um einheitliche Regeln zur Gestaltung von Berichten, Präsentationen, Diagrammen, Tabellen und Dashboards in der Geschäftskommunikation.

SUCCESS bedeutet:

SAY – Botschaft vermitteln

UNIFY – Semantische Notation anwenden

CONDENSE – Informationsdichte erhöhen

CHECK – Visuelle Integrität sicherstellen

EXPRESS – Geeignete Visualisierungen wählen

SIMPLIFY – Überflüssiges vermeiden

STRUCTURE – Inhalt gliedern

Diese sieben Regeln finden sich dann im IBCS®-Handbuch in den Kapiteln zur

  • inhaltlichen Konzeption
  • visuellen Wahrnehmung und
  • semantischen Notation

wieder.

Nachfolgend werde ich kurz auf diese drei Bereiche eingehen:

1. Inhaltliche Konzeption

In diesem Bereich Fallen die Regeln zu SAY und STRUCTURE. Sie basieren auf dem pyramidalen Prinzip von Barbara Minto, welches besagt, dass die zentrale Botschaft, die Kernaussage zu Beginn vermittelt werden soll und dann erst folgen die Argumente und Details, welche diese Aussage untermauern sollen.

Bei SAY geht es also darum, eine klare Botschaft zu vermitteln. Botschaften in diesem Sinne können Empfehlungen, Erklärungen, Klarstellungen und ähnliche Erläuterungen sein.

Damit Botschaften erfolgreich vermittelt werden können, müssen diese anhand einer logisch aufbauenden Struktur (STRUCTURE, Storyline) vermittelt werden.

Die inhaltliche Konzeption bildet somit den Rahmen für die übrigen Regelbausteine, weil sie sich auf das WAS und auf das WIE der Inhaltsvermittlung beziehen.

2. Visuelle Wahrnehmung

In diesem Bereich finden sich die Regeln zu CHECK, CONDENSE, EXPRESS und SIMPLIFY wieder.

CHECK bedeutet, dass Informationen wahrheitsgetreu, unverzerrt (beispielsweise Skalierung bei Diagrammen) und so leicht verständlich wie nur möglich, vermittelt werden sollen.

Bei CONDENSE geht es um die Erhöhung der Informationsdichte in Berichten und Präsentationen. Das soll heißen, dass ein Bericht alle Informationen enthalten soll, damit der Empfänger der Nachricht einen möglichst umfassenden Überblick erhält.

Die Regel EXPRESS beinhaltet alles rund um die Wahl einer geeigneten Visualisierung.

SIMPLIFY umfasst alle Bereiche, um einen Bericht, ein Diagramm oder eine Präsentation so einfach wie möglich darzustellen. Hier gilt es Redundanzen zu vermeiden und der Verzicht auf alles, was nur der Dekoration dient.

3. Semantische Notation

Die bisher genannten Regeln sind nichts Neues und wurden teilweise schon vor Jahrzehnten von diversen Herrschaften aufgestellt und immer wieder propagiert, aber in der Geschäftswelt haben sich diese Regeln nicht wirklich durchgesetzt.

Doch die semantische Notation, welche die Regel UNIFY enthält, könnte den Unterschied machen und einer einheitlichen Datenvisualisierung in der Geschäftskommunikation zum Durchbruch verhelfen. Diese Regel stammt von Dr. Rolf Hichert selbst.

Sie besagt im Wesentlichen, dass Dinge, die das gleiche bedeuten, auch gleich aussehen sollten.

Beispielsweise ist die Darstellung von Istzahlen, Plan- oder Prognosewerten klar geregelt.

Regeln für Zahlen
Regeln für Zahlen
Regeln für Zahlen

Abbildung 1: Unify scenarios; www.ibcs.com/standards/#ids[]=18707
© 2021 IBCS Association. Licensed under Creative Commons BY-SA 4.0 International

Ich finde die Notationsidee sehr interessant. Es ist nicht die Farbe, welche den Unterschied zwischen Ist, Plan oder Prognose macht. Es ist die Form, also ob gefüllt, schraffiert oder gerahmt, was den Unterschied macht. Das heißt, es wird nicht die Zahl an sich formatiert, sondern ihr Zustand bzw. der Charakter der Zahl. Ist die Zahl eine Ist-, Plan-, oder Prognosezahl, dementsprechend erfolgt die visuelle Darstellung.

Dr. Jürgen Faisst bezeichnet das in diesem, übrigens sehr hörenswerten Podcast, als „Meta-Datenvisualisierung.“

Weitere semantische Regeln finden sich für Abkürzungen, Titel, Legenden, Vergleiche, Abweichungen, Zahlenformate usw.

Das Ziel dieser Regeln ist es, das Lesen von Berichten erheblich zu erleichtern. Die Folge davon sollte sein, dass Berichtsempfänger ein schnelles Verständnis über den Sachverhalt erhalten, um am Ende raschere und auch bessere Entscheidungen treffen zu können.

    Nachfolgend ein paar Beispiele von mir, welche die Darstellung von Diagrammen nach den IBCS®-Standard zeigen.

    IST-Budget-Forecast

    Abbildung 2: Beispiel für die Anwendung der UNIFY-Regel (IBCS® VERSION 1.1, 2017) zur Darstellung von IST, BUDGET und FORECAST; Säulendiagramm

    IST-Forecast

    Abbildung 3: Beispiel für die Anwendung der der UNIFY-Regel (IBCS® VERSION 1.1, 2017) zur Darstellung von IST und FORECAST; Liniendiagramm

    IST-Butget-FC

    Abbildung 4: Beispiel für die Anwendung der CONDENSE-Regel (IBCS® VERSION 1.1, 2017) zur Darstellung von mehreren Diagrammen auf einer Seite, um die Informationsdichte zu erhöhen

    Wieviel bringen die IBCS® -Standards tatsächlich?

    Es gibt mittlerweile wissenschaftliche Studien von der Fachhochschule Oberösterreich, der Unternehmensberatung blueforte und der Technischen Universität München.

    Die Teilnehmer bekamen Fragen gestellt, welche sie anhand der vorgelegten Berichte beantworten mussten. Demnach machten Teilnehmer bei  IBCS® -konformen Berichten um 61% weniger Fehler und waren 46% schneller, als bei Berichten ohne Standardnotation.

    (Hichert, Faisst: Gefüllt, Gerahmt, Schraffiert – Wie visuelle Einheitlichkeit die Kommunikation mit Berichten, Präsentationen und Dashboards verbessert, Verlag Franz Vahlen GmbH, 2019) 

    Über die IBCS Association

    Die IBCS Association bemüht sich im betriebswirtschaftlichen Umfeld um die Etablierung eines Standards im Berichtswesen.

    Erfolge in diese Richtung zeichnen sich bereits ab. Diverse BI-Softwarehersteller beginnen ihre Berichtssoftware nach den IBCS® -Regeln standardmäßig anzubieten.

    Um die Verbreitung und Anerkennung zu erleichtern, werden die IBCS® -Standards unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlich. Das bedeutet, das jedes interessierte Unternehmen diesen Standard kostenlos anwenden kann. Ebenfalls können die Regeln an eigene Bedürfnisse (beispielsweise Corporate Design Vorgaben) angepasst werden.

    Ich, bei storytellingmitdaten.com, halte mich bei allen Beispielen in meinen Kursen, wo es um Finanzdaten geht, weitestgehend an die IBCS®-Standards.

    Ich setze fast alle Beispiele nur mit den Standardfunktionen (keine Makros, VBA oder Add-Ins) in Excel um. Wenn man die Visualisierungstricks in Excel kennt, ist das problemlos möglich.

    Mich würde sehr interessieren, wie es in Deinem Unternehmen rund im standardisierte Berichte und einheitliche Geschäftskommunikation bestellt ist. Auf ein Feedback und Deine Meinung zu einem Standard in diesem Bereich würde ich mich sehr freuen.  Wenn es Themen gibt, die Dich brennend rund um Daten Visualisierung und Kommunikation interessieren, lass es mich wissen.

      Passender Kurs

      €1

      Datenvisualisierung & Storytelling – Basics

      Von den Daten zur Datenstory