Letzte Woche stolperte ich zufällig über ein Diagramm (siehe nachfolgend) auf einer österreichischen News-Website, das mich zunächst etwas verwirrte.

Als ich mir das Diagramm neugierig anschaute, fragte ich mich, was mir die Person, welche diese Grafik erstellt hat, eigentlich mitteilen möchte. Was ist die zentrale Botschaft aus diesem Diagramm? Ich weiß es nicht.cry

Original Diagramm

Abbildung 1: Original Diagramm

Häufig tritt eine schlechte visuelle Kommunikation auf, wenn Diagramme aus der erforschenden Analyse unverändert für Erklärungszwecke verwendet werden.

Ein Vergleich von Daten ohne Fokus auf einen bestimmten Unterschied oder eine Ähnlichkeit ist viel schwieriger zu verstehen und zu interpretieren als ein Vergleich, der spezifisch auf eine Auffälligkeit aufmerksam macht.

Jede Visualisierung sollte immer folgende Frage beantworten: „Na und, was bedeutet das jetzt?“ Denn diese Frage stellen sich alle, die ein Diagramm betrachten.

Wir visualisieren, um einen zentralen Punkt, eine zentrale Botschaft/Erkenntnis aus der Analyse zu vermitteln

Wichtig ist folgender Grundsatz: Eine einzige Botschaft pro Visualisierung!

Welche zentrale Botschaft könnten wir jetzt aus dem vorherigen Diagramm ableiten?

Ich mache mich auf die Suche nach einer Auffälligkeit in den Daten, nach etwas, was die Leserschaft interessieren könnte.

Beim näheren Betrachten der Zahlen stelle ich fest, dass im Juli 2021 die Nächtigungen niedriger waren als im Juli 2020. Warum?

BOOM! Das interessiert mich und schon habe ich eine Story in den Daten entdeckt.

Ok, eine Auffälligkeit ist gefunden und ich formuliere folgende zentrale Botschaft:

„Die Nächtigungen im Juli 2021 sind gegenüber Juli 2020 leicht gesunken“.

Jetzt suche ich einen geeigneten Diagrammtyp, um diesen Umstand so verständlich wie möglich zu visualisieren.

Damit die Leserschaft aber auch versteht, was genau passiert ist, muss ich die Daten noch einmal genauer studieren. Ich schaue mir die Originaldaten bei Statistik Austria im Detail an. Dabei stelle ich folgendes fest: Der Rückgang ist hauptsächlich auf ein Nächtigungsminus der ÖsterreicherInnen zurückzuführen. Die ausländischen Nächtigungszahlen sind ziemlich gleich zum Vorjahr geblieben.

Alles klar, nachdem ich ein paar verschiedene Diagrammtypen getestet habe, entscheide ich mich für die folgende Darstellung:

Vergleich 2021-2020

Abbildung 2: Vergleich 2021 – 2020

Der Monat Juli ist im Fokus, diese Story möchte ich erzählen. Zusätzlich, um den Kontext zu wahren, ergänze ich das Diagramm mit den Monaten Mai und Juni, setze diese Säulen aber mit einem helleren Farbton in den Hintergrund.

Hinweis: Alle Diagramminhalte kommen aus dem Datenbereich. Das ist wichtig, damit beim nächsten Update der Daten alle Elemente im Diagramm automatisch aktualisiert werden. Der Datenbereich sieht wie folgt aus:

Datenbasis

Abbildung 3: Datenbasis

Mein Interesse an den Daten ist gestiegen und ich möchte noch mehr erfahren. Mich – und wahrscheinlich auch viele andere aus der Leserschaft auch – interessiert, wie sehr die österreichischen Beherbergungsbetriebe noch immer unter der Pandemie leiden.

Also, eine weitere Grafik mit einer neuen zentralen Botschaft muss her. Ich möchte 2021 mit dem Vorkrisenjahr 2019 vergleichen.

Nach einer weiteren Analyse der Daten komme ich auf folgende zentrale Botschaft:

„Auch der zweite Corona-Sommer ist von der Pandemie geprägt. Zwischen Mai und Juli 2021 lagen die Übernachtungen insgesamt noch immer um rund 34% unter dem Vorkrisenzeitraum Mai bis Juli 2019“.

Jetzt mache ich mich wieder auf die Suche nach einem geeigneten Diagrammtyp. Nach ein wenig “Dashboarding” mit verschiedenen Diagrammtypen komme ich auf das Steigungsdiagramm. Das erscheint mir optimal geeignet zu sein, da es sehr wenig Platz braucht und einfach zu interpretieren ist.

Mein zweites Diagramm sieht folgendermaßen aus:

Vergleich 2021 - 2019

Abbildung 4: Vergleich 2021 – 2019

Auch hier füge ich neben dem Gesamtergebnis Mai – Juli noch die einzelnen Monate separat als Hintergrundinformation hinzu. Somit wird auch der Kontext zu den einzelnen Monaten hergestellt.

Durch die graue Farbgebung sind die einzelnen Monate aber nicht im Fokus, sondern dezent im Hintergrund.

Alle Diagramminhalte stammen auch hier aus dem Datenbereich. Dieser sieht wie folgt aus:

Datenbasis

Abbildung 5: Datenbasis

FAZIT:

Immer, wenn Du ein Diagramm erstellst, stelle Dir zunächst folgende Frage: „Was ist der zentrale Punkt, die zentrale Botschaft, welche Du mit der Visualisierung vermitteln möchtest?“

Hast Du eine Botschaft formuliert, dann probiere verschiedene Diagrammtypen und Variationen davon aus, bis Du eine Darstellung gefunden hast, welche Deine zentrale Botschaft am besten vermittelt. Ein bewährtes Hilfsmittel ist der Story-basierte-Visualisierungsansatz.

Wenn Du keinen zentralen Punkt aus der Datenanalyse feststellen kannst, dann ist es nicht die Mühe Wert die Daten zu visualisieren.

Wir visualisieren, um einen zentralen Punkt, eine zentrale Botschaft/Erkenntnis aus der Analyse zu vermitteln!

Die zentrale Botschaft ist die Interpretation des Analyseergebnisses als „Ein-Satz Story“ und die Headline der Visualisierung.

Diese Fähigkeit, im Analyseprozess vom erforschenden zum erklärenden Teil zu wechseln, unterscheidet effektive Datenvisualisierer und Data Storyteller von allen anderen, die versuchen, ein Analyseergebnis visuell zu kommunizieren.

Damit Du diese aussagekräftigen Diagramme in Excel auch technisch umsetzen kannst, bedarf es eines tieferen Verständnisses darüber, wie Excel Daten mit den verschiedenen Diagrammtypen darstellt.

Es funktioniert alles ohne Programmierung und ist eigentlich ganz einfach. Es sind nur banale Tricks in der Datenaufbereitung und in den Diagrammeinstellungen, die Du wissen musst, um außergewöhnliche Darstellungen in Excel zu erreichen.

Wenn Du diese Techniken und den Prozess des Data Storytelling erlernen möchtest, empfehle ich Dir den folgenden Online-Selbstlernkurs.

Du bevorzugst ein geführtes Training? Kein Problem, diesen Kurs gibt es auch als Offenes Live-Online Training.

Ich würde mich sehr freuen, Dich in einem der Kurse begrüßen zu dürfen.

Also dann, viel Spaß beim Visualisieren von Daten!

Joe

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